Charakterliste
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gespielt von Jella
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35 Jahre
Schriftgelehrte
Wann immer meine Finger über Papier streifen, erinnere ich mich an das erste Buch, welches meine Eltern mir in die Hände legten. An die erste Geschichte, die mich aus meiner eigenen in die eines Anderen katapultierte. Mittlerweile habe ich so viele von ihnen gelesen, dass ich an manche nicht mehr erinnere. Aber ich erinnere mich immer wieder gern an das Gefühl, welches den Beginn eines Buches begleitet. Ein aufregendes Kennenlernen, die Frage, ob man bleiben will oder wieder gehen. Die besten Geschichten lassen einen an ihrem Ende wünschen, dass man sie von neu beginnen könnte. Das Leben besitzt dieses Privileg nicht. Ich kann meines nicht von vorne beginnen, kann die erste Seite nicht ausradieren und die ersten Worte neu setzen. In jeder Variante meines Lebens bleibe ich Odette Ganasdir, zweites Kind meiner Eltern, auch wenn auf der einen Seite nun schon eine ganze Weile eine Leerstelle klafft. Diese Leerstelle ist unwiderruflich Teil meiner Geschichte, aber gehört zu einem späteren Lebensabschnitt. Gehört nicht an den Anfang, auch wenn ich weiß, dass ein Rätsel zu Beginn auch Spannung aufbauen kann. Ich enttäusche nicht gern, aber ich zweifle, dass meine Memorien besonders spannend sein werden, falls sie irgendjemand irgendwann liest. Und doch habe ich zu viel Zeit mit Geschichten und unserer Geschichte verbracht, um nicht zu wissen, dass sich an den leisen Leben die Realität einer Gesellschaft meist besser ablesen lässt, als an denen von Helden. Ich bin keine, habe mich damals nicht wie mein Vater und mein älterer Bruder für den Reiterquadranten entschieden, sondern bin meiner Mutter in den Quadrant der Schriftgelehrten gefolgt. Das leise Leben zwischen Papier und Worten war für mich verlockender als die Weite des Himmels. Mittlerweile kenne ich genügend Menschen, die sich anders entschieden habe, weiß nicht länger, ob ich mich anders entscheiden würde, wenn ich die Entscheidung heute nochmal träfe. Ich wäre dennoch keine gute Reiterin geworden. Als junges Mädchen habe ich Drachen für Magie gehalten. Inzwischen weiß ich, dass auch Magie in manchen Fällen nicht genug ist. Dass all jene Siegelkräfte, die ich seit meinem Wehrdienst protokolliere, ihre Trägerinnen und Träger auch nicht zwangsläufig retten. Am Ende entscheiden die Götter und wir können nur hoffen, dass wir genügend Tage haben, um ihnen einen Wert zu geben.
Ich war und bin in meinem Leben vieles, was mir Wert gibt. Schwester, Tochter, Freundin, Schriftgelehrte. Meine Stationen malen einen Bogen, zeichnen nicht nur einen Lebenslauf, sondern auch ein Leben. An manchen Tagen scheint es mir schier unmöglich, dass ich so erwachsen geworden bin. An anderen fällt es mir schwer mein jetziges Leben mit meinen Jugendträumen zu vereinen. Ich komme aus einer Militärfamilie und wollte doch eigentlich einen anderen Weg gehen. Irgendwo in meinen Aufzeichnungen findet sich noch eine zarte Zeichnung einer anderen Möglichkeit. Eines Hauses, gefüllt mit romantisierten Träumen, die ich lange nicht mehr in meine Nächte und noch weniger in meine Tage gelassen habe. Ich verstehe derweil, warum man Menschen als hoffnungslose Romantiker bezeichnet, bin selbst hoffnungslos geworden in diesem Belang. Ich habe geliebt und verloren. Manches Mal vielleicht auch mich selbst. Aber wenigstens mich habe ich am Ende immer wieder gefunden. Ich bin geblieben in den Zusammenhängen aus Worten, im Dienst unseres Landes. Ich schreibe anderer Leute Geschichten häufiger auf als meine. Warum ich es mit letzterem nun doch beginne? Weil ich an meinen dunkelsten Tag Hoffnung in einer Geschichte gefunden habe. Weil ich hoffe, dass meine Geschichte das vielleicht für jemand anderen sein kann. Und weil ich am Ende meines Lebens vielleicht doch darauf hoffe, nicht nur Wert zu geben, sondern auch irgendwie wert zu sein. Etwas geschaffen zu haben, was bleibt, wenn ich das letzte Mal meine Augen schließe. Ich werde die Zeit nicht überdauern, womöglich in diesem Krieg nicht einmal die ganze Länge meines Lebens auskosten können, aber meine Worte könnten es. Wenn ich eines gelernt habe, dann das Worte eine Magie besitzen, dem nichts anderes in dieser Welt gleichkommt. Mögen diese Wenigen dich dort erreichen, wo du bist. Mögen sie dich zum Lächeln bringen. Oder langweilen. Hauptsache ist, sie entlocken dir eine Reaktion.
4 Ingameposts | 28.03.2025, 21:59
Militär Navarre
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gespielt von Jani
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34 Jahre
Handwerkerin
Sie mochte solche Situationen nicht. Momente, in denen man ihr ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. In denen sie im Mittelpunkt stand und man sie zum Thema machte. Es verunsicherte sie. Genauso wie es die Frage tat, die man an sie gerichtet hatte. Unscheinbar. Wenn sie sich selbst mit einem Wort beschreiben sollte, dann wäre es dieses. Sie mochte den Gedanken; unterzugehen in der Menge. Sich so mühelos in die Leben anderer zu integrieren, dass sie als Konstante für diese galt. Ohne Hektik, ohne Trubel. Odessa wollte Menschen glücklich machen, nicht für mehr Ärger sorgen. Es hatte sich durch ihre gesamte Kindheit gezogen. Hatte mit ihrer Mutter begonnen, die das Einhalten strikter Regeln von ihr gefordert hatte. Hatte sich fortgeführt in ihrer Jugend, als es nur noch ihr Vater und sie gewesen waren. Obwohl sich ihr Umfeld geändert hatte, es von Liebe durchzogen gewesen war, hatte sie sich vermehrt alleine wiedergefunden. Mit ihren Gedanken, mit ihren Gefühlen. Sie hatte erkannt, wie schwer es ihrem Vater gefallen war – ein Leben, welches er sich weder für sich selbst noch für sie gewünscht hatte. Deswegen hatte sie Wege gefunden, es ihm zu erleichtern. In dem sie ihm im Haushalt geholfen hatte. Sich selbst beschäftigte. Sogar in ihrer Jugend hatte sie keinen Drang zur Rebellion verspürt. „Verlässlich“, war stattdessen das Wort, was über ihre Lippen kam. Weil sie ahnte, dass alles andere zu kompliziert gewesen wäre. „Wie sind sie zum Zeichnen gekommen, Miss Loudain?“ Ihr Blick wanderte zu der Frau seitlich von ihr. Ihrem rundlichen Gesicht, den warmen blauen Augen und ihrem wohlwollenden, fast mütterlichen Lächeln. Sie musste merken, wie schwer es Odessa fiel, sich für diese Stelle zu verkaufen. Und das war es, was sie tun musste; losgelöst von all den Qualifikationen, über die ihre Gegenüber bereits Bescheid wussten. Die Empfehlungen der vorherigen Ateliers, für die sie tätig gewesen war. Ihre Zertifikate, die ihre Eignung als Kartographin bescheinigten. Die Karten, Pläne und Zeichnungen, die sie zu einer feinsäuberlichen Mappe gebunden hatte. „Irgendwann konnte ich Stifte halten und seither hab‘ ich sie nie wirklich abgelegt.“ Es war die Wahrheit: den Großteil ihrer Zeit verbrachte sie damit, Linien und Striche auf Pergament zu setzen. Sie trug ihre Federmappe mit sich wie Soldaten ihre Waffen. Konnte sich besser konzentrieren, wenn ihre Hand nebenbei dabei war, etwas zu skizzieren. Fühlte sich sicherer inmitten von Farben und Tinte. Vermutlich hatte es deswegen niemanden überrascht, dass sie sich für den Quadranten der Schriftgelehrten entschieden hatte. Es war ein Zwischenstopp in ihrem Leben gewesen; immerhin hatte sie nie den Wunsch gehegt, eine aktive Rolle im Krieg einzunehmen. Dafür ging sie Konfrontationen noch immer zu häufig aus dem Weg. Fand sich zu oft in Situationen wieder, in dem ein Ja über ihre Lippen glitt, statt des Neins, was sie eigentlich fühlte. Odessa hatte dazugelernt – sah die Bedürfnisse Fremder nicht mehr als wichtiger als ihre eigenen an. Aber sie hatte Probleme damit, wenn es Menschen umschloss, die sie liebte. Erwischte sich zu häufig dabei, wie sie ihre eigenen Grenzen für sie erweiterte. Ausflüchte fand, um die man sie nicht gebeten hatte. Verlustangst, hatte ihr Vater es genannt. Die Sorge davor, verlassen zu werden; so wie ihre Mutter sie verlassen hatte. „Und sie wären bereit, nach Nymrith zu ziehen?“ Andernfalls hätte sie sich nicht für die Arbeit in Tyrrendor beworben. Aber auch diese Worte hielt sie zurück, nickte stattdessen höflich. „Mich hält nichts in Elsum und es ist eine gute Möglichkeit, meine Fertigkeiten weiterzuentwickeln.“ Es war keine Herausforderung für sie, ihre bekannten Strukturen zu verlassen. Sie hatte keine Angst vor Veränderungen; solange sie dabei etwas machen konnte, was sie liebte.
4 Ingameposts | 09.02.2025, 14:39
Zivil Navarre
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gespielt von Jella
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41 Jahre
Reiter
Der Stuhl vor mir ist leer. Ich halte meinen Blick dennoch auf ihn gerichtet, während ich in Gedanken die Gänge meiner Umgebung abgehe. Schließe meine Augen erst, als ich sicher bin, dass ich weiß, wohin meine Schritte mich führen müssen. Das Ziehen der Magie zieht mich aus meinem Körper heraus. Einem längst vergessenen Automatismus folgend lasse ich meine Aufmerksamkeit zu meinem Äußeren zurückschweifen. Diese Betrachtung gleicht nicht meinem Spiegelbild, schließlich sehe ich in meiner Astralprojektion Ebenen, die dem menschlichen Auge üblicherweise verborgen bleiben. Aber die 41 Jahre sind mir auch aus dieser Perspektive anzusehen. Jahrzehnte ist es her, dass meine Beine mich über das Viadukt getragen und mich dem Bund mit meinem Drachen nähergebracht haben. Das Alter hat mich weiser gemacht, meinen Bart zweifelsohne dichter, aber die Müdigkeit ist nicht neu. Sie hängt mir auf den Zügen, während ich meine Aufmerksamkeit schweifen lasse. Die unzähligen Fragen danach, wie es sich anfühlt diese Ebenen zu durchqueren, konnte ich die letzten Jahre besser beantworten. Ich bin gleichzeitig ein bisschen Geist, ein bisschen Mensch. Irgendwie dazwischen. Bewege mich durch Türen, spüre den Gegendruck eines Sicherheitsschildes und drücke mich doch mit all meiner geistigen Kraft dagegen. „Es geht um Oryon Loudain.“ Es scheint, als wäre Thornak mir dieser Sekunden hold, auch wenn ich nicht an seine Existenz glaube. Meine Hände haben sich seit Beginn meiner Ausbildung nur noch ein einziges Mal zum Gebet gefaltet, meine Riten sind an meinem Intellekt zu Grunde gegangen. Dabei ist eine Glaubensgemeinschaft genau der Grund, warum man mich von meinem Außenposten ins Innere des Landes beordert hat. Der Innendienst klang für mich weniger trocken, als es für andere der Fall ist. „Wir denken er ist der geeignete Kandidat für das Unterlaufen der Orakyn.“ Bisher sagen sie für mich nichts Neues. Sie haben mich herbestellt, weil sie wissen, wer ich bin. Sie wissen, dass meine Siegelkraft mich zum idealen Spion macht, obgleich sie wohl nicht damit rechnen, dass ich sie belausche. Dabei entspricht es meinen Wesenszügen. Dieser Tage bin ich lieber gut vorbereitet, als es nicht zu sein. „Aber das Verschwinden seiner Mutter …“ Ich konzentriere mich auf den Redenden, anstatt nur das Gesagte wahrzunehmen, präge mir Gesichtszüge ein. „Nun die persönliche Motivation könnte auch ein Hindernis sein.“ Das Schweigen drückt auf meine Konzentration. In dieser Ebene passiert so viel, dass das Verweilen mir schwerfällt, aber ich bin kein Anfänger mehr. Ich halte inne. Das Schicksal meiner Mutter macht mich vielmehr zum perfekten Kandidaten für dieses Unterfangen, obgleich es wohl zeitgleich auch meine größte Herausforderung sein wird. Ich kann keine Worte formen, nicht für mich argumentieren. Aber hätte ich es gekonnt, hätte ich betont, dass ich für derlei religiösen Fanatismus nicht anfällig bin, schließlich bin ich in einem solchen aufgewachsen. Die unzähligen Reime, die man mir gebetsmühlenartig eingetrichtert hat, liegen immer noch in meinen Gedanken, obwohl sie ungenutzt sind. „Er bezeichnet sich selbst als Atheist.“ Meine Argumente werden für mich vorgetragen. Ich erkenne das Papier, auf dem meine eigene Qualifikation notiert ist. Die Handschrift ist nicht meine und schwerlich zu entziffern, aber ein paar Punkte sind deutlich zu erkennen. „Abgesehen davon hat er die notwendige Erfahrung.“ Meine bisherigen Aufträge waren zwar andere, aber ich stimme ihnen zu. Ich habe Erfahrung darin, mich zu verstellen, um an Informationen zu gelangen. Meine Siegelkraft zu bemühen, um anhand dieser Informationen noch weitere zu bekommen. „Nun, lassen wir es ihn versuchen. Er muss sich schließlich erst einmal Zugang verschaffen.“ Anders als die zwei Militärs sehe ich darin wenig Probleme. Sehe den Moment gekommen, indem ich meinen Geist zurück in meinen Körper wandern lasse, das Bewusstsein meines Drachens an meiner Seite. Diese Kraft macht mich in vielen Missionen zum Einzelgänger, aber ich bin doch nie allein. Ausnahmsweise prasseln keine Gedankenströme auf mich ein, als ich mich zurückfinde. Langsam meine Finger und dann meine Füße bewege, während ich das Gefühl von Körperlichkeit zurückbekomme. Sie denken es ist eine Herausforderung. Ich urteile ohne große Wertung. Sie wird es aus anderen Gründen sein. Ich zweifle nicht daran, dass ich mir Zugang besorgen kann. Ich weiß nur nicht, wie viel Unsinn ich meinen Nerven auflasten kann. Es ist eine sinnvolle Aufgabe. Sachte Zustimmung erreicht mich, als ich mich aufrichte. Das Klopfen an meiner Türe, lässt mich zu ihr herüberschreiten. „Ich werde erwartet“, nehme ich der Assistenz mit einem leichten Lächeln vorweg und neige den Kopf. „Führen Sie mich gern hin.“ Als ob ich den Weg nicht schon kenne. Als ob ich ihn nicht schon in einer anderen Ebene abgelaufen bin.
6 Ingameposts | 09.02.2025, 14:33
Militär Navarre
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